Donnerstag, 3. November 2011

Akt I Szene I Part II

Sunai taucht an der Stelle auf, an der eben Enderlyn noch stand.
Kurz darauf Charey ihr hinterher.

Sunai. Siehst Du, was ich hier sehe
   eine Welt getaucht in betörend Farben.

Charey. Ich seh, was Du von mir zu sehen hoffst,
   Ich seh, wie die Welt sich wiederspiegelt.
   Ihre Schönheit, ihre Poesie,
   möcht ich fassen, hier ergreifen,
   und fangen in mein klammes Herz.

   Doch Schönheit ist, bei weitem!
   Ja wohl hier auch nicht alles.
   Ich muss ergreifen, nein -
   ergriffen werden vom sanften Tone
   einer zarten Melodie.

   Doch fehlt mir hier Gesang und Ruch;
   und eine jede Stimme gibt nicht, was ich hoff.

Sunai. Zu viel Verlangen,
   meine Gute,
   Tut der Seele gar nicht wohl.
   Sei bescheiden in gesproch'nen Wünschen..
   (indem sie die Freundin am Kinn fasst und ihr nahe rückt)

Beide. (singend) In des Ozeans himmelsweiten
   Breiten wir, in leisem Wort,
   eine Andacht, an die Liebe,
   doch gesprochen, am stillem Ort...

   Leise Schönheit,
   die sie herrschet,
   im klammen Herzen,
   die Welt bedeckt..

   Gefüget, ihr Untertanen -
   an unser' Singsang, kein Befehl;
   denn der Stimme leises Beben,
   soll erreichen flimmerndes Gefühl..

   Und des Himmels ew'ge Weiten,
   ertrinken rasch im starken Rot.
   Eh' die Nacht, lange während,
   unsre heimisch Wärme stielt.

   Leise Schönheit,
   die sie herrschet,
   im klammen Herzen,
   die Welt bedeckt..

(Stille folgt, die Sonne verschwimmt, die Nacht bricht herein.)

Sonntag, 23. Oktober 2011

Akt I Szene I

Grauer See in grauer Landschaft, die von golden Licht durchdrungen wird.
Sonnenuntergang.
Enderlyn, allein, steht am See mit Blick auf das unruhig werdend Wasser.

Enderlyn. Des Lebens stiller Lauf
   beginnt erst in den letzten Stunden;
   wie die späten Strahlen golden wälzen,
   durchbrechen eine leise Welt -
   und jene Welt hier, die der Nymphen
   erwachen nun jetzt zu dieser Zeit.

   Die ersten Wellen, die des Wassers Leben auferwecken,
   zeugen von wahrer Regsamkeit im kleinen Kreis;
   der erste Fisch, der Abends an der klaren Haut sich zeigt
   sei der erste Bote seiner selt'nen Art.

   Doch was weiß der Mensch,
   der wie ich an Gewässern irrt und lebt
   von jener Wesen herrlich' Pracht?
   Er schaut, und denkt zu sehen,
   was das Auge ihm nur zeigen mag.

   Doch das wahre Sein, das inmitten dieser Weiten lebt,
   ist weitaus mehr, als eine bloße Idee zu beschreiben mag:

   Die reine weiße Haut,
   wie wir sie nennen,
   ist beschuppt und sonderbar.
   Das lange, silbern Haar,
   wie wir es sehen,
   ist eigen; wir sehn es gar.
   Die stillen, blauen Augen,
   die den Ozean gefangen halten,
   blicken mehr, als wir zu blicken wagen -
   Und deren Sicht,
   wie wir sie niemals haben,
   ist, gewiss!, ich mag es nicht mal sagen.

   Oh weh!, wenn ich seh, wie unruhig dieses Wasser wird,
   so spür' ich schon, wie warm mir in meiner Haut;
   Der leise, eig'ner Puls einer Welt, die uns nicht bekannt,
   die auferlebt, die aufersteht, die aufbegeht -
   und wahrlich, ich steh' hier am Rand?
  
   Doch scheint es mir Liebe, ach!, zu sein;
   ich mag sie mir nicht beschreiben.
   Das Wesen, das mir hier erscheinen will,
   ist mir nur all' zu wohl bekannt,
   doch fürcht' ich mich, in seine Augen dann zu schauen,
   und zu ertrinken in dem weiten Blau.

   Dort schimmert schon das erste weiße Haar,
   und so fürcht' ich, bin ich hier willkommen?
   Lieber mag ich geh'n, eh' sie mich sieht -
   bin ich nicht ganz bei meinen Sinnen... (ab.)

30,04932133

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